Ein garantiertes Mindesteinkommen

wird seit Jahrzehnten diskutiert. Frischer Wind kam mit dem Scheitern der erwerbsorientierten Grundsicherung (Hartz IV). Einkommensarmut ist gestiegen und Langzeiterwerbslosigkeit geblieben. Gleichzeitig fühlen sich Arbeitslose drangsaliert und sanktioniert, worin viele eine Absicht sehen. Und die Alternativen? Eine weniger repressive Grundsicherung oder ein bedingungsloses Grundeinkommen? Helfen Arbeitszeitverkürzung, Mindestlöhne, öffentliche Beschäftigung oder Sozialversicherungsfreibeträge? Für einen Systemwechsel gibt es gute Argumente: mehr Freiwilligkeit, "befreite Arbeit", gesellschaftliche Partizipation.

Hätte es klappen können? - Nachdenken über Hartz IV

Am Anfang sah es mit Hartz gar nicht so übel aus und alle dachten: Es muss endlich etwas passieren bei so viel Erwerbslosigkeit. Das war 2002. Heute ist Ernüchterung eingekehrt und Frust über das, was bei Hartz I-IV herauskam. Hartz-IV-Arbeitsdienst bringt nur neue Armut, soziale Desintegration und mehr Langzeiterwerbslose. Ich denke, das Scheitern von HIV bietet eine gute Plattform für ein bedingungsloses Grundeinkommen.

Doch was nun? Dass der Staat für Vollbeschäftigung sorgt, da sind viele skeptisch. Eine optimierte Variante der erwerbsorientierte Grundsicherung überzeugt nicht recht, weil die Arbeitspflicht (Zumutbarkeit) bei der real existierenden Grundsicherung (HIV) nicht wirklich beseitigt wird. Und Bildung allein bringt auch keine Arbeitsplätze. Die alten Rezepte wie: etwas Arbeitszeitverkürzung und ein bißchen Mindestlohn, bringen einfach zu wenig. Dass Bürgerarbeit, besser: Arbeit für alle zum halben Lohn, funktionieren könnte, löst eher Stirnrunzeln aus. Viele fragen sich beim Grundeinkommen: Lässt sich Geld fürs Nichtstun vor der Mehrheitsgesellschaft rechtfertigen? Können die GRÜNEN damit Wahlen gewinnen? Fördert ein Grundeinkommen für alle vor allem die Faulen? Oder ist es die richtige Antwort auf die Globalisierung, die einzige Rettung für den Sozialstaat? Brauchen wir ein solches System, da wir sowieso nie wieder Arbeit für alle haben werden? Kann es vielleicht sogar glücklich machen?

Die Verfechter des bedingungslosen Grundeinkommens begründen, warum ein garantiertes Mindesteinkommen ein verantwortlicher Weg ist, die Umwelt zu schonen und Menschen von falscher Arbeit zu befreien. Sie sagen zudem: Man kann mit dem Grundeinkommen leichter Wahlen gewinnen als mit Hartz IV in der light-Version. Unrealistisch ist das nicht, denn Ökonomen sagen, die Wirtschaft funktioniert besser mit Grundeinkommen. Es fördert freiwillige Tätigkeiten unbürokratisch, ohne inflationär zu wirken. Im Unterschied zum Bürgergeld und zur negativen Einkommensteuer, wie sie Milton Friedman, einem überzeugten Konservativen, vorschwebte, sollte das garantierte Mindesteinkommen über dem HIV-Regelsatz liegen und mit einem anständigen gesetzlichen Mindestlöhnen kombiniert sein, um Lohndumping und Sozialabbau zu vermeiden. Wie beim bedingungslosen Grundeinkommen sind vier Kriterien an ein Mindesteinkommen anzulegen. Es ist individuell, existenzsichernd, ohne Bedürftigkeitstest und ohne Arbeitszwang zu gewähren. Es gibt zwei Varianten des Mindesteinkommens: Beim Typ Sozialdividende bekommt jeder gleich viel ausgezahlt, was erst im Nachhinein mit eigenen Einkommen verrechnet wird. Bei der negativen Einkommensteuer werden Einkommen sofort verrechnet; Reiche bekommen daher nichts. Beide Verfahren führen netto zum gleichen Finanzvolumen. Dies ist wichtig, um den Finanzrahmen nicht zu sprengen und die gesellschaftliche Solidarität nicht überzustrapazieren. Facing reality heißt, Hartz IV Schritt für Schritt zum garantierten Mindesteinkommen auszubauen - Hartz plus.


Mehr Information unter:

http://www.mindesteinkommen.de

Werke

  • Gerhardt, K.- U. (2006): Hartz plus. Lohnsubventionen und Mindesteinkommen im Niedriglohnsektor, Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften, ISBN 978-3-531-14842-7
  • Gerhardt, K.- U. (2007): Garantiertes Mindesteinkommen - eine Forderung für alle(s)? In: Widersprüche 103, S. 103-117, ISBN 978-3-89370-426-2 ISSN 0721-8834
 Ältere Texte:
  • Gerhardt, K.- U. (1980): Die Problematik der negativen Einkommensteuer, Diplomarbeit, Frankfurt/Main
  • Gerhardt, K.- U. (1985): Eigeninitiative und Sozialpolitik. Zur Diskussion eines garantierten Mindesteinkommens, in: Widersprüche 14, S. 61-69, ISBN 3-88534-032-1
  • Gerhardt, K.- U.(1986): Erwachsenenbildung und Neue Techniken. Auswirkungen der veränderten Sozial- und Wirtschaftsstruktur auf Qualifikationsanforderungen, Kursteilnehmer und Volkshochschule, Offenbach/M.: Eigenverlag, ISBN 978-3-00-020697-9
  • Gerhardt, K.- U.(1986): Garantiertes Mindesteinkommen als Möglichkeit sozialrechtlicher Absicherung alternativer Arbeitsformen. Am Beispiel Telearbeit, Ms., ETH-Zürich
  • Gerhardt, K.- U./Weber, A. (1983): Garantiertes Mindesteinkommen, Alemantschen. Materialien für radikale Ökologie, Ökologische Berufspraxis, hrsg. von der Gesellschaft für Kultur und Ökologie e. V.[1], Band 3, Maintal, S. 69-99
  • Gerhardt, K.- U./Weber, A. (1986): Garantiertes Mindesteinkommen. Für einen libertären Umgang mit der Krise, in: T. Schmid (Hrsg.), Befreiung von falscher Arbeit. Thesen zum garantierten Mindesteinkommen, 2. erheblich veränderte Auflage, S. 18-70, Berlin: Wagenbach-Verlag, ISBN 3-8031-2109-4
  • Gerhardt, K.- U./Weber, A. (1987): Mindesteinkommen - Konservativ oder libertär, in: T. Kreuder und H. Loewy (Hg.), Konservativismus in der Strukturkrise,S. 462-483, Frankfurt/M.: Suhrkamp, ISBN 3-5181-1330-5
  • Hoß, D./Gerhardt, K.- U./Kramer, H./Weber, A. (1983): Die sozialen Auswirkungen der Integration von CAD und CAM. Vorstudie für ein empirisches Hauptprojekt. Teilprojekt II des RKW-Projekts A148/83 „Wirtschaftliche und soziale Auswirkungen des Einsatzes von integrierten CAD/CAM-Systemen“, Frankfurt/Main: Institut für Sozialforschung

Weblinks

MediaWiki